Die Sache mit den Ratschlägen

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Das Sprichwort fällt mir ein, wenn ich über diesen Blogeintrag nachdenke. Worum wird es gehen? Heute schreibe ich über gut gemeinte Ratschläge und Tipps zur Geldanlage und warum ich beim Geben eben jener immer vorsichtiger werde.

Ratschläge wohin man blickt

Als Finanzblogger liegt es in der Natur der Sache, dass ich immer wieder mal nach Ratschlägen zur Geldanlage gefragt werde. Dabei verweise ich immer auf meine altbekannte Strategie mit einem stark gewichteten weltweit gestreuten ETF Sparplan und einem geringen Bitcoin Sparplan. Ich bin dann einerseits sehr konkret, was die Auswahl der Produkte betrifft (auf welche ETF Kriterien soll man achten & Auswahl eines „echten“ Bitcoins). Andererseits mache ich kein Geheimnis aus meinen Brokern, von denen ich (Stand Mitte 2023) überzeugt bin, dass es für Anleger aus Österreich keine besseren Alternativen gibt: Flatex für Aktien/ ETFs, Bitpanda für Kryptos.

Soweit so gut. In meinem näheren Umfeld ist der Austausch mit Freunden natürlich intensiver und so habe ich dort teilweise mehr Informationen zu meinen privaten Investments geteilt. Aufgrund meiner eigenen sehr starken Überzeugung von bestimmten Aktien und Kryptowährungen habe ich on-top zu meiner allgemeinen Strategie speziellere Tipps gegeben. Unternehmen, bei denen ich viel Potential sehe und Kryptoprojekte, wo ich dank eingehender und laufender Recherche ein gutes Verständnis besitze. Diese Ratschläge waren gut gemeint. Und natürlich immer mit dem Hinweis auf eigene Verantwortung und eigenes Risiko.

Fehlende Überzeugung

Viele dieser Tipps sind 2-3 Jahre alt und kamen mitten im Bullrun bei Kryptos bzw. im post-covid run bei Aktien. Es waren und sind Kryptocoins und Aktien, von denen ich langfristig überzeugt bin. Und hier fängt die Krux an. Einige Kryptowährungen sind nach dem Bullrun wieder stark gefallen. Anleger, die spät im Bullrun investiert haben, haben binnen kurzer Zeit einiges an Geld verloren und sitzen teilweile auf 60, 70 oder 80 % Verlust. Für mich, der schon länger dabei ist, war das kein Problem. Erstens, weil meine Einstiegskurse noch viel niedriger waren und damit die Verluste aus meinem eigenen investierten Kapital deutlicher geringer sind. Zweitens, weil ich eben langfristig von bestimmten Projekten überzeugt bin und ich die Kursabstürze immer wieder mal als Chance nütze, um nachzukaufen. Kursabstürze sind für mich selten ein Grund, an meinem Investment zu zweifeln. Kryptos und Tech-Aktien sind nun mal hochvolatile Anlageklassen, die kurzfristig stark fallen und steigen können.

Vielen, die meine Ratschläge angenommen haben, fehlt aber oft genau diese Überzeugung von ihren (oder doch eher meinen?) Investments. Einerseits, weil sie auf großen (Buch) Verlusten sitzen, andererseits, weil kein richtiges Verständnis über die jeweilige Anlage vorhanden ist. Und anstatt die günstigen Kurse zum Nachkauf zu nutzen und vom Durchschnittskosteneffekt zu profitieren, sind die Leute frustriert und verkaufen mit großen Verlusten oder versuchen die Investition auszusitzen.

I know that feeling

Ich kann die Gefühle jedenfalls gut nachvollziehen. Auch ich habe Investments in meinem Portfolio, die ich fast blind nachgekauft habe. Meistens aus der Angst heraus, den großen Gewinn zu verpassen. Bei einigen dieser Position stehe ich dick im Minus. Fast immer fehlt mir ein grundlegendes Verständnis über die Unternehmen und diese Unsicherheit führt bei sinkenden Kursen zur Frustration. Diese Investments stehen dann deutlich schneller auf der Abschussliste, als von Unternehmen, deren Geschäftsmodell ich verstehe. In der Welt der Kryptowährungen war das nicht anders. Hier habe ich mich aber von allen Coins getrennt, wo ich keine Ahnung hatte.

Was bleibt

Ich mache mir jedenfalls Gedanken, wie ich mit Ratschlägen und Tipps in Zukunft umgehe. Die eigene Überzeugung der Investition und das Verständnis vom Geschäftsmodell sind zu wenig, wenn der anderen Person diese Eigenschaften fehlen. Und selbst wenn eine Grundüberzeugung und ein Wissen über das Geschäftsmodell vorhanden sind, muss man mit volatilen Kursen und Buchverlusten umgehen können. Auch das können nicht viele.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass gut gemeinte Ratschläge auch genau das sind: gut gemeint. Man darf von seiner eigenen Risikobereitschaft und dem Know-How von bestimmten Projekten nicht daraus schließen, dass die andere Person dieses Wissen ebenfalls besitzt. Genau das ist aber notwendig, um auch bei sinkenden Kursen, die unweigerlich kommen werden, nicht das Vertrauen in seine Investments zu verlieren. Und so bleibt die Hoffnung, dass der nächste Bullrun bei den Kryptos vor der Tür steht und jene, die groß im Minus stehen, für ihr Durchhaltevermögen belohnt werden. (Und mir die Witze über die „tollen“ Ratschläge damit erspart bleiben).

Ciao!

Johannes

PS: Du willst wissen, warum ich langfristig nicht mehr investieren werde, dann lies diesen Blogeintrag!

Foto von frame harirak auf Unsplash

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